Kennt ihr das? Man schenkt im Freundeskreis ein Bier aus, vielleicht zum Fußball, vielleicht zum Grillen, aber die Flasche lag schon einige Wochen im eigenen Kühlschrank. Man trinkt, es schmeckt, dann sagt ein besonders
„aufmerksamer“ Freund: „Das ist ja abgelaufen!“ – und trinkt nicht weiter. Aber wie ist das eigentlich mit Bier: Wie lange ist es haltbar und wird es irgendwann wirklich schlecht?

Mindesthaltbarkeit oder Verfall?
Grundsätzlich gilt: Lebensmittel tragen auf dem Etikett ein Mindesthaltbarkeitsdatum, kurz MHD. Seit 1981 ist diese Angabe in Deutschland gesetzliche Pflicht. Ausgenommen sind nur sehr wenige Lebensmittel, die als dauerhaft unverderblich gelten, Wein zum Beispiel oder hochprozentige Spirituosen. Die Angabe stellt jedoch keine Ablaufgrenze dar. Sie besagt nur, dass bis zu diesem Datum eine Garantie auf die Konsistenz (Geschmack, Farbe, Geruch…) eines Lebensmittels seitens des Herstellers besteht. Daraus im Gegenschluss zu schließen, dass kurz nach dem Datum das Produkt „umkippe“ oder direkt schlecht sei, ist nicht richtig. Dafür gibt es ein anderes Datum, das Verbrauchsdatum. Dieses benötigt man jedoch nur für Frischeprodukten (z.B. Hackfleisch, Geflügel, Eier) bei denen nach dem Verbrauchsdatum wirklich eine Gefahr für die Gesundheit vorliegt. Beim Bier und bei den meisten anderen Lebensmitteln ist das aber nicht so. Man muss also unterscheiden zwischen „zu verbrauchen bis“ (Verfallsdatum, danach wirklich schlecht) und „mindestens haltbar bis“ (Mindesthaltbarkeitsdatum, danach KANN sich die Qualität eines Produkts verändern). Letzteres gilt für Bier.

Ja, aber…
Aber verfällt Bier überhaupt? Ja und nein. Es hängt wie immer vom Bier ab. Das „Standardbier“ mit 4% bis 5% Alkoholgehalt, egal ob Pils, Kölsch oder Altbier, verfällt irgendwann, verliert an Geschmack und Kohlensäure, wird schal und sauer. Es verfällt wirklich: Es verändert also seinen Geschmack so stark, dass es irgendwann eindeutig nicht mehr die Geschmackskriterien aufweist, für die der Kunde das Produkt gekauft hat. Schlecht im Sinne von gesundheitsgefährdend wird es jedoch nicht. Ich selber trank gerade dank meinem Freund Askan ein über 30 Jahre altes Westvleteren aus Belgien. Ok, zugegeben, Biergeschmack war keiner mehr da, eher eine Art Essig mit Sherry-Note. Gesundheitsbedenklich war das Bier jedoch nicht. Wenn euer Bier also nur einige Tage oder Wochen über dem MHD liegt, wird es sich kaum verändert haben, ihr könnt es problemlos trinken. Und auch deutlich später werdet ihr euch nicht vergiften.
Bier ist nicht gleich Bier
Natürlich richtet sich das Mindesthaltbarkeitsdatum auch nach der Art des Bieres. Entscheidend für die Haltbarkeit sind die verarbeitete Hopfenmenge (Hopfen wirkt antiseptisch) sowie der Alkoholgehalt. Ein hochprozentiges und stark gehopftes Bier – z.B. ein Bockbier – hält in diesem Sinne fast ewig. Aber es wird sich verändern. So verliert ein IPA seine fruchtige Hopfennote und schmeckt nach langer Lagerung malziger. Schlecht ist es deshalb nicht. Die belgische Brauerei Chimay vertreibt sogar ein Bier, das ähnlich einem gutem Champagner erst nach Jahren seinen besten Geschmack entfaltet – das Chimay bleue liegt aber auch bei 9% Volumenalkohol. Es aufgrund eines abgelaufenen MHD nicht zu trinken, das ist, als gösse man einen Dom Perignon von 1921 von in den Ausguss.

Verderbliches Fassbier?
Und wie ist es mit dem Fassbier? Gäste wie Gastronomen glauben häufig, dass ein Fass nach dem Anschlag innerhalb weniger Tage geleert sein sollte, um saures Bier zu verhindert. Ich habe mit den Kölner Bierhistorikern gesprochen und mir erklären lassen, dass ein Keg-Fass (die in Deutschland verbreitete Fassart) fast endlos lange nach Anstich haltbar sei, da die CO2-Mischung, mit der Bier gezapft wird, sich nach dem Anstich im Fass befinde und das Bier praktisch von oben versiegele. Es ist der Sauerstoff, der schadet und das Bier oxidieren lässt, CO2 schützt. Das setzt natürlich voraus, dass das Fass allabendlich bei Lokalschließung abgekegt wird und dass auch in den Leitungen Sauberkeit herrscht.
Nicht wegkippen – ausprobieren!
Wir ein Bier also schlecht? Ja und nein. Natürlich, Bier ist Lebensmittel und wenn nicht gerade mit besonders hohen Hopfen- und Alkoholwerten gearbeitet wird, dann wird auch dieses Lebensmittel in dem Sinne schlecht, dass es seinen Geschmack verändert. Aber sehr langsam und in der Regel nicht sofort mit abgelaufenem MHD. Sollte also bei der nächsten Grillparty ein Freund sein Bier verschmähen, weil es einen Tag „drüber“ ist – einfach probieren und wenn nichts auffällig ist, weitertrinken! Letztendlich zählt immer der Geschmack. Und etwas weniger verschwenderisch mit Lebensmitteln umzugehen, das schadet ja sicherlich auch nicht.
Du schreibst, dass man ein Fass täglich „abkeggen“ soll, damit es sich unbegrenzt hält.
Ist es nicht eher so, dass mit jedem ab- und wieder ankeggen die Gefahr einer Infektion steigt? So lange das Fass unter CO2 steht, kann doch nichts passieren, außer der Druck ist zu hoch und es karbonisiert auf.