Ihr habt sicherlich gemerkt, dass ich immer mal wieder längere Urlaubsphasen genieße, die ich dann besonders intensiv nutze, um zu bloggen oder euch auf Instagram mit Bildern aus Craft Beer-Bars ferner Länder zu beglücken. Einiges davon hat auch schon seinen Weg in den Blog gefunden, so ein Bericht über Craft Beer in Lettland. Diesen Sommer wollte ich andere Wege gehen und an der Quelle lernen. Was macht man da als Kneipen- und Craft Beer-Blogger? Man fragt Fritz Wülfing, ob man bei Ale Mania in Pützchen eine Woche als Brau-Praktikant lernen kann. Hier mein „Praktikumsbericht“.

Montag bis Donnerstag war ich bei Fritz. So kurz? Ja, eine kleine Craft-Brauerei mit gerade einmal 300 Hektolitern Jahresausstoß braut nicht täglich. Und so haben wir auch die ersten drei Tage tatsächlich nicht gebraut, sondern in der noch recht neuen Brauhalle in Pützchen Basisarbeit erledigt: Eine Abflussrinne musste neu verlegt und mit Mörtel eingegossen werden. Für den bloggenden Historiker mit zwei linken Händen durchaus eine Herausforderung.
Aber Donnerstag ging es endlich an die Braukessel! Man stellt sich das vielleicht anders vor, aber eine Charge ist problemlos an einem Tag gebraut. Nur lagern muss sie anschließend noch gute sechs Wochen.

Fritz war so nett, die Schrotung des Malzes schon am Abend vorher zu übernehmen. Wie alle Schritte beim Craft Beer ist auch dies Handarbeit: 10 Säcke á 25kg Malz müssen in eine mannshohe Malzmühle gekippt und unten wieder eingefangen werden. Zu Beginn meines Brautages wanderten die zehn Säcke mit geschrotetem Malz einmal quer durch die Brauhalle – noch steht nicht alles in der Reihenfolge, die den Abläufen entspricht – und dann in den 1200 Liter fassenden Maischebottich. Fritz ist bei allen Arbeitsschritten die Ruhe selbst, auch wenn Präzision gefragt ist, denn das Wasser soll 66 Grad heiß sein und der Spielraum beträgt nur etwa ein bis zwei Grad. Gebraut wird nämlich ein trockenes Pale Ale (ein DryPA), also eines mit wenig Malzsüße. Dazu brauchen wir Wassertemperaturen, die die Stärke im Malz zu kleinen Strukturen zerbrechen – zu große Strukturen kann die Hefe später nicht verarbeiten und dann bliebe zu viel Malzgeschmack für ein DryPA.

Maischen ist ein wenig wie backen: Man rührt im riesigen Bottich, bis eine geschmeidige Masse entsteht. Dann ist erst einmal Pause, das warme Wasser erledigt den Rest. Aber in einer Brauerei gibt es immer etwas zu tun, ich etikettiere also ein paar Flaschen der letzten Abfüllung, ein Session IPA, und packe alles transportgerecht in 20er Kartons. Etikettiert wird natürlich auch von Hand und da die große Etikettiermaschine gerade streikt, ist Einzelarbeit angesagt. Hier geht wirklich noch jede Flasche durch eine Menschenhand!

Gute 90 Minuten später ist die Pause vorbei, unsere 9:1-Mischung aus Pilsener-Malz und Münchener Malz ist wunderbar geworden, wir können das Flüssige vom Festen trennen – wir läutern also und schlauchen die flüssige Würze in den Braukessel um. Blöd nur, dass wir jetzt auf 250kg mit Wasser vollgesogenem Restmalz sitzen (dem Treber), das irgendwie aus dem Maischebottich wieder raus muss. Sprach ich bereits von echter Handarbeit? Genau, ran an die Schaufel, raus mit dem Treber. Eine kleine Menge lege ich mir aber zurück, damit es am Wochenende Treberbrot gibt (man kann mit dem Treber ganz wunderbar backen!).

Wir wechseln uns beim Austrebern ab. Immerhin muss einer immer den Braukessel im Blick behalten, in dem die Würze langsam aufkocht. Es kommt, wie es kommen muss: Der Praktikant hat zu viele Fragen, wir vertiefen uns in Diskussionen über die Schönheit englischer Pubs – und im Braukessel kocht der Sud über! Der Praktikant guckt verdrossen, Fritz bleibt ganz entspannt: „Ja, das passiert schon mal…“.

Immerhin, der Sud kocht. Es folgen drei zeitversetzte Hopfengaben – und jetzt ist endlich richtiges Braugefühl da, der Raum füllt sich mit Hopfenaromen, es riecht nach einem frischen Pint IPA! Dafür geht es nun zeitlich ums Detail, genaue Minutenzahlen müssen eingehalten werden, damit das Bier nicht zu bitter wird und die richtigen Aromanoten bekommt. Nach guten 20 Minuten ist das Spektakel vorbei (Fritz hopft sein DryPA sehr spät, um wenig Bittere zu erzeugen), jetzt muss nur noch gekühlt und in den Gärtank umgefüllt werden. Nur noch? Na ja, der Durchlaufkühler pfeift gerade heute aus dem letzten Loch, die Pumpe zickt auch, wir drosseln das Tempo. Eine gute Stunde später haben ehemals 1000 Liter Flüssigkeit ihren Weg in den Gärtank gefunden – allerdings nur noch als 900 Liter Bier. Dieses umschlauchen ist der einzige Punkt, an dem sich Fritz ein wenig Nervosität anmerken lässt. „Operation am offenen Herzen“ nennt er das und achtet quasi sekündlich auf penible Reinheit und auf die richtige Temperatur – für die Hefe, die nach dem Umfüllen zugegeben wir, darf das Bier nicht mehr zu warm sein.

Damit ist – nach 6 Stunden – der Brautag beendet. Fritz wird alles in einigen Tagen vom Gär- in den Lagertank umfüllen, dann heißt es warten. Mich hat beeindruckt, wie ruhig und geduldig Fritz jeden Arbeitsschritt erklärt. Überhaupt liegt ihm am Herzen, dass bei Ale*Mania jeder Einblick erhält und zu 100% transparent gearbeitet wird.
Für mich steht fest: Ich gucke auf jeden Fall wieder rein – es gibt ja noch so viele andere Bierstile, die sich erlernen lassen! Auf Instagram findet ihr unter #Braupraktikant weitere Bilder von meinem Brautag.

